Ein ‚Land der Zukunft‘? Flucht und Neuanfang deutschsprachiger Jüdinnen und Juden in Brasilien ab den 1930er Jahren

Björn Siegel

Vor dem Hin­ter­grund der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ausgrenzungs-​ und Ver­trei­bungs­maß­nah­men und einer wach­sen­den Anti-​Immigrationspolitik vie­ler Län­der rück­te Bra­si­li­en ins­be­son­de­re in den spä­ten 1930er Jah­ren als Flucht­ziel in den Fokus. Trotz sei­ner re­pres­si­ven Ein­wan­de­rungs­po­li­tik, die sich in die­ser Zeit auch auf­grund an­ti­se­mi­ti­scher Vor­ur­tei­le ver­schär­fen soll­te, wurde das Land nach Ar­gen­ti­ni­en zum wich­tigs­ten Auf­nah­me­land für deutsch­spra­chi­ge Jü­din­nen und Juden in Süd­ame­ri­ka. Bis 1945 ge­lang­ten rund 100.000 jü­di­sche Flücht­lin­ge nach Süd­ame­ri­ka, wobei un­ge­fähr 25.000 davon nach Bra­si­li­en gin­gen. Wäh­rend sich vor 1933 vor­nehm­lich se­phar­di­sche und osteuropäisch-​jüdische Ge­mein­den in Bra­si­li­en ent­wi­ckelt hat­ten, ent­stand mit der neuen Ein­wan­de­rung eine deutschsprachig-​jüdische Dia­spo­ra. Die Jü­din­nen und Juden aus dem deut­schen Sprach­raum sie­del­ten sich vor allem in den süd­li­chen Bun­des­staa­ten São Paulo, Rio de Ja­nei­ro und Rio Gran­de do Sul an. Die dor­ti­gen Me­tro­po­len boten Ar­beits­mög­lich­kei­ten und Hilfs­struk­tu­ren, die ein An­kom­men und Zu­recht­fin­den er­leich­ter­ten. Die jü­di­schen Flücht­lin­ge bau­ten Ge­schäf­te und Han­dels­struk­tu­ren auf, er­hiel­ten Po­si­tio­nen an den neu­ge­grün­de­ten Uni­ver­si­tä­ten in São Paulo und Rio de Ja­nei­ro oder ver­such­ten in so­ge­nann­ten Ko­lo­nien auf dem Land Fuß zu fas­sen.

Für viele war die An­kunft in Bra­si­li­en ein so­zia­ler Ab­stieg, so dass vor allem po­li­ti­sche Ver­ei­ni­gun­gen und so­zia­le Ver­ei­ne wie auch jü­di­sche Ge­mein­den zu wich­ti­gen Orten der Ge­mein­schaft und Hilfe wur­den. In São Paulo, Rio de Ja­nei­ro und Porto Alegre grün­de­ten sich deutsch-​jüdische Ge­mein­den, die für viele kurz nach ihrer An­kunft zur ‚Hei­mat‘ im Exil wur­den. Sie boten Raum für das Aus­bil­den von Erfahrungs-​ und Sprach­ge­mein­schaf­ten, hat­ten doch die we­nigs­tens be­reits vor ihrer Flucht die por­tu­gie­si­sche Spra­che er­ler­nen kön­nen. Die deut­sche Spra­che blieb, ins­be­son­de­re für die äl­te­ren Ge­nera­tio­nen, ein wich­ti­ger Teil des ei­ge­nen Selbst­ver­ständ­nis­ses – trotz der Ver­fol­gungs­er­fah­run­gen im na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Deutsch­land. Gleich­wohl war das An­kom­men in Bra­si­li­en auch durch eine fort­dau­ern­de Aus­ein­an­der­set­zung mit der por­tu­gie­si­schen Spra­che und der bra­si­lia­ni­schen Kul­tur und Ge­schich­te ge­prägt, denn die Mehr­heit der nach Bra­si­li­en ge­flo­he­nen deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden ver­blieb nach 1945 im Land.

  • Björn Siegel

Jüdische Diasporen in Brasilien – Vorstellungen und Wahrnehmungen


Die Ein­wan­de­rung von Jü­din­nen und Juden hatte lange Zeit eine un­er­heb­li­che Rolle in der Mi­gra­ti­ons­ge­schich­te Bra­si­li­ens ge­spielt. Erste mo­der­ne, zu­meist osteuropäisch-​jüdisch ge­präg­te Hilfs­struk­tu­ren ent­stan­den vor allem in den 1920er und 1930er Jah­ren. Zu ihnen zähl­te die So­cieda­de Is­rae­li­ta de Beneficência e Proteção ao Imi­gran­tes (EZRA), die jü­di­schen Ein­wan­der:innen ab den 1920er Jah­ren vor­nehm­lich in den Häfen von Rio de Ja­nei­ro und San­tos Hilfe anbot.

Wäh­rend sich die ers­ten jü­di­schen Ein­wan­de­rungs­be­we­gun­gen bis ins 16. Jahr­hun­dert zu­rück­ver­fol­gen las­sen, eta­blier­te sich eine grö­ße­re jü­di­sche Ge­mein­schaft in Bra­si­li­en erst ab Ende des 19. Jahr­hun­derts. Eine ver­hält­nis­mä­ßig große osteuropäisch-​jüdische Ein­wan­de­rungs­grup­pe ge­lang­te in­fol­ge von Armut und Po­gro­men im Rus­si­schen Reich bis 1929 ins Land und um­fass­te rund 30.000 Jü­din­nen und Juden. Dank der Ak­ti­vi­tä­ten der Je­wish Co­lo­niza­ti­on As­so­cia­ti­on (JCA), die 1891 vom jü­di­schen Phil­an­thro­pen Baron Mau­rice de Hirsch (1831–1896) ins Leben ge­ru­fen wor­den war, ent­stan­den ein­zel­ne jü­di­sche Sied­lungs­ko­lo­nien, wie Phil­ip­son (1904) oder Qua­tro Irmãos (1911/1912) im bra­si­lia­ni­schen Bun­des­staat Rio Gran­de do Sul. Da­ne­ben er­öff­ne­ten bis 1930 etwa 25 Schu­len, die in ei­ni­gen bra­si­lia­ni­schen Groß­städ­ten zur Aus­bil­dung ei­ge­ner jü­di­scher Vier­tel bei­tru­gen, dar­un­ter in Mocca oder Bom Re­ti­ro in São Paulo.

Neben die­sen osteuropäisch-​jüdisch ge­präg­ten Ge­mein­den exis­tier­te eine klei­ne­re se­phar­di­sche Ge­mein­schaft in Bra­si­li­en, die wie­der­um auf Mi­gra­ti­ons­be­we­gun­gen des 16. und 17. Jahr­hun­derts zu­rück­ging. Im Ge­gen­satz zu den jü­di­schen Grup­pen aus Ost­eu­ro­pa be­ruh­te das Selbst­ver­ständ­nis der se­phar­di­schen Jü­din­nen und Juden auf ihrer ei­ge­nen Spra­che, re­li­giö­sen Bräu­chen und Mu­sik­tra­di­tio­nen, die sie in Spa­ni­en ent­wi­ckelt hat­ten, bis sie von dort im 15. Jahr­hun­dert ver­trie­ben wor­den waren. Die zah­len­mä­ßig stär­ke­re Grup­pe der Jü­din­nen und Juden aus Ost­eu­ro­pa wan­der­te erst im 19. Jahr­hun­dert nach Bra­si­li­en ein und bil­de­te ei­ge­ne Grup­pen­struk­tu­ren aus, die von ein­zel­nen Ge­mein­den in São Paulo, Rio de Ja­nei­ro und an­de­ren Städ­ten Bra­si­li­ens ge­tra­gen wur­den. Sie um­fass­ten dabei auch jid­disch­spra­chi­ge Zei­tun­gen, wie Di Mensh­heit (Porto Alegre) oder Dos Idi­sche Vo­chen­blatt (Rio de Ja­nei­ro). Die osteuropäisch-​jüdische Ein­wan­de­rung war dabei Teil von grö­ße­ren Mi­gra­ti­ons­be­we­gun­gen nach Bra­si­li­en vor allem aus Ita­li­en, Spa­ni­en und Por­tu­gal, aber auch aus Deutsch­land, Polen, Japan und Syrien-​Libanon. Die Hoff­nun­gen, dass Bra­si­li­en Mitte der 1930er Jahre eine grö­ße­re Zahl deut­scher Jü­din­nen und Juden auf­neh­men würde und damit dort eine deutsch-​jüdische Dia­spo­ra ent­ste­hen könn­te, be­ruh­te damit auf his­to­ri­schen Er­fah­run­gen.

Krisenland oder Zufluchtsort? Gesellschaftliche Diskurse in Brasilien


Die Fol­gen der Welt­wirt­schafts­kri­se 1929 und des dar­auf­fol­gen­den Zu­sam­men­bruchs des Kaf­fee­mark­tes 1930 führ­ten in Bra­si­li­en zu einer tie­fen wirt­schaft­li­chen und sozio-​politischen Krise. Die Macht der bis­her be­stim­men­den Agrar-​Elite ging dabei auf das Mi­li­tär und das Netz­werk des Prä­si­den­ten Getúlio Var­gas (1883–1954) über. In der Folge ver­än­der­te die populistisch-​nationalkonservative bra­si­lia­ni­sche Füh­rung unter Var­gas auch die Her­an­ge­hens­wei­sen an das Thema Ein­wan­de­rung und de­fi­nier­te die Vor­stel­lung von na­tio­na­ler Iden­ti­tät um. Diese Neu­de­fi­ni­ti­on be­ruh­te vor allem auf der Nut­zung der Ka­te­go­rien ,Rasse‘ und ‚Eth­nie‘ sowie den re­pres­si­ve­ren Ein­stel­lun­gen ge­gen­über Ein­wan­der:innen. Be­son­ders vor dem Hin­ter­grund der stei­gen­den Zahl jü­di­scher Flücht­lin­ge aus NS-​Deutschland und an­de­ren eu­ro­päi­schen Staa­ten be­dien­te die Vargas-​Regierung Res­sen­ti­ments, die auf religiös-​katholischen wie auch rassisch-​ideologischen Vor­ur­tei­len be­ruh­ten und je nach Si­tua­ti­on Jü­din­nen und Juden als so­ge­nann­te Kos­mo­po­li­ten, Li­be­ra­le, Bol­sche­wis­ten, In­ter­na­tio­na­lis­ten oder Ra­di­ka­le ver­un­glimpf­ten.

Als Folge die­ser Ra­di­ka­li­sie­rung führ­te die neu er­las­se­ne Ver­fas­sung Bra­si­li­ens 1934 Quo­ten­re­ge­lun­gen im Be­reich der Im­mi­gra­ti­ons­po­li­tik ein, die sich gegen eine Ein­wan­de­rung ,afri­ka­ni­scher‘, ,asia­ti­scher‘ und ,se­mi­ti­scher‘ Grup­pen rich­te­te. Gleich­zei­tig be­vor­zug­te sie den hoch­sti­li­sier­ten ,Land­wirt‘ und ,weiße‘ Grup­pen, zu denen eu­ro­päi­sche Jü­din­nen und Juden nicht ge­zählt wur­den. Die jü­di­schen Flücht­lin­ge muss­ten sich somit einer ne­ga­ti­ven Mi­gra­ti­ons­po­li­tik un­ter­wer­fen und in den je­wei­li­gen di­plo­ma­ti­schen Ver­tre­tun­gen um ihre Ein­rei­se ban­gen.

Die jü­di­sche Ge­mein­schaft in Bra­si­li­en, die 1934 rund 42.000 Mit­glie­der um­fass­te, war über die sich ver­än­dern­den ge­sell­schaft­li­chen wie po­li­ti­schen Dis­kur­se – vor allem im Be­reich der Mi­gra­ti­on – be­sorgt. Sie grün­de­te daher Hilfs­struk­tu­ren, um re­li­giö­sen Vor­stel­lun­gen der So­li­da­ri­tät ge­recht zu wer­den und an­ti­se­mi­ti­schen Ste­reo­ty­pen ent­ge­gen­zu­wir­ken. 1931 för­der­ten der in Mainz ge­bo­re­ne Gy­nä­ko­lo­ge und 1927 nach Bra­si­li­en ein­ge­wan­der­te Luís (Lud­wig) Lorch (1894–1969) und seine Frau Luíza Kla­bin Lorch (1901–1975), die aus einer litauisch-​jüdischen Fa­mi­lie in São Paulo stamm­te, die Grün­dung einer Sek­ti­on des B‘nai B‘rith. Diese trug in An­leh­nung an den be­kann­ten jü­di­schen Auf­klä­rungs­phi­lo­so­phen aus Deutsch­land den Lo­gen­na­men Moses Men­dels­sohn. Ge­mein­sam mit an­de­ren eta­blier­te das Ehe­paar Lorch 1933 zudem das Hilfs­ko­mi­tee Comissão de Assistência aos Re­fu­gi­a­dos Is­rae­li­tas da Ale­m­an­ha (CARIA) in São Paulo, da die Zah­len deut­scher Jü­din­nen und Juden in Bra­si­li­en trotz der be­schrän­ken­den Im­mi­gra­ti­ons­ge­set­ze an­stie­gen. Einer von die­sen war Ahron Ar­nold Kohn (1883–1955), der 1939 nach Bra­si­li­en flie­hen und vor Ort die neuen Hilfs­struk­tu­ren nut­zen konn­te.

Abb. 1: Bra­si­lia­ni­sches Ein­rei­se­vi­sum im Rei­se­pass des Kauf­manns Ahron Ar­nold ,Is­ra­el‘ Kohn (1883–1955), aus­ge­stellt im bra­si­lia­ni­schen Ge­ne­ral­kon­su­lat in Ham­burg, 16. März 1939; Fa­mi­li­en­ar­chiv Clau­dio und Vi­vi­an Sil­ber­berg, São Paulo/Bra­si­li­en.

Neben den Hilfs­struk­tu­ren waren es die neu­ge­grün­de­ten jü­di­schen Ge­mein­den, die zu wich­ti­gen An­lauf­punk­ten und Orten der Ge­mein­schaft für viele deutsch­spra­chi­ge Jü­din­nen und Juden wur­den. Im Ok­to­ber 1936 kam es in São Paulo zur Grün­dungs­be­kun­dung der Congregação Is­rae­li­ta Pau­lis­ta (CIP), die von vie­len deutschsprachig-​ und ei­ni­gen italienisch-​jüdischen Emi­gran­ten­fa­mi­li­en sowie dem ehe­ma­li­gen Rab­bi­ner von Hei­del­berg, Fritz (Fre­deri­co) Pin­kuss (1905–1994), mit­ge­tra­gen wurde. Pin­kuss war 1936 mit sei­ner Frau Lotte Selma Pin­kuss ge­bo­re­ne Stern­fels (1912–2003) nach Bra­si­li­en ge­flo­hen und präg­te spä­ter als Ober­rab­bi­ner das Ge­mein­de­le­ben in São Paulo. Im sel­ben Jahr be­grün­de­te sich die So­cieda­de Is­rae­li­ta Bra­si­lei­ra de Cul­tu­ra e Beneficência (SIBRA) in Porto Alegre im Bun­des­staat Rio Gran­de do Sul. 1942 folg­te die Grün­dung der Associação Re­li­gio­sa Is­rae­li­ta (ARI) in Rio de Ja­nei­ro, für die Hein­rich (Hen­ri­que) Lemle (1909–1978) Rab­bi­ner wurde. Er hatte mit Hilfe der World Union of Pro­gres­si­ve Ju­da­ism aus Frank­furt am Main, wo er als Ju­gend­rab­bi­ner tätig ge­we­sen war, über Groß­bri­tan­ni­en nach Bra­si­li­en flie­hen kön­nen.

Viele der deutschsprachig-​jüdischen Fa­mi­li­en wan­der­ten in die Me­tro­po­len São Paulo, Rio de Ja­nei­ro und Porto Alegre ein und grün­de­ten dort jen­seits der exis­tie­ren­den sephardisch-​ und osteuropäisch-​jüdischen In­sti­tu­tio­nen ei­ge­ne Struk­tu­ren. Dar­un­ter die be­reits ge­nann­ten drei jü­di­schen Ge­mein­den CIP, SIBRA und ARI, aber auch di­ver­se Kultur-​ und Sport­ver­ei­ne sowie po­li­ti­sche oder so­zi­al ge­präg­te Ver­ei­ni­gun­gen.

Ei­ni­ge jü­di­sche Ein­wan­der:innen gin­gen auch in so­ge­nann­te Ko­lo­ni­sa­ti­ons­sied­lun­gen, dar­un­ter in die Sied­lung Rolândia, die ab 1932 von der Ber­li­ner Ge­sell­schaft für Wirt­schaft­li­che Stu­di­en unter dem Bre­mer Tro­pen­ex­per­ten Os­wald Nix­dorf (1902–1981) im Bun­des­staat Paraná ent­stand und durch den Auf­trag­ge­ber Erich Koch-​Weser (1875–1944) auch für deut­sche Jü­din­nen und Juden zum Ziel­punkt wurde. 1935 ver­such­te die JCA, eine wei­te­re land­wirt­schaft­li­che Sied­lung für jü­di­sche Ein­wan­der:innen in Re­zen­de im Bun­des­staat Rio de Ja­nei­ro zu grün­den und damit wei­te­re Ein­wan­de­rungs­mög­lich­kei­ten gemäß den re­strik­ti­ven bra­si­lia­ni­schen Im­mi­gra­ti­ons­ge­set­zen zu schaf­fen. Das Vor­ha­ben schei­ter­te je­doch an der sich ver­schär­fen­den Anti-​Immigrationspolitik der bra­si­lia­ni­schen Re­gie­rung. Zwi­schen 1935 und 1937 konn­ten daher nur rund 8.000 deut­sche Jü­din­nen und Juden legal nach Bra­si­li­en ein­wan­dern, wobei eine Dun­kel­zif­fer durch die Ein­rei­se per ,Tou­ris­ten­vi­sum‘ und an­de­ren Tran­sit­vi­sa an­ge­nom­men wird.

,O Estado Novo‘ in Brasilien (1937)


Die Wirk­mäch­tig­keit ei­ni­ger NS-​Ideen ma­ni­fes­tier­te sich auch in Bra­si­li­en, wo sich be­reits 1931 eine Aus­lands­or­ga­ni­sa­ti­on der NSDAP und 1932 die Ação In­te­gra­lis­ta Bra­si­lei­ra (AIB) grün­de­te, eine sich auf na­tio­na­lis­ti­sche, fa­schis­ti­sche und na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ideen be­ru­fen­de Be­we­gung. An­ti­se­mi­ti­sche Ste­reo­ty­pe und Vor­ur­tei­le spiel­ten in die­sen Be­we­gun­gen eine zen­tra­le Rolle und wur­den offen, etwa durch den AIB-​Theoretiker Gus­ta­vo Bar­ro­so (1888–1959) und seine Bü­cher A Si­nago­ga Pau­lis­ta (Eine Syn­ago­ge in São Paulo, 1937), Bra­sil, Colônia de Ban­quei­ros (Bra­si­li­en, eine Ko­lo­nie der Ban­ken, 1934) oder auch durch eine frühe Über­set­zung der so­ge­nann­ten Pro­to­kol­le der Wei­sen von Zion (1903) ver­brei­tet.

An­ti­se­mi­ti­sche Vor­ur­tei­le fan­den damit auch einen ver­stärk­ten Ein­gang in die bra­si­lia­ni­sche Po­li­tik und wur­den von der Re­gie­rung mit­ge­tra­gen. Vor dem Hin­ter­grund einer sich ver­schär­fen­den Flücht­lings­kri­se in NS-​Deutschland und Eu­ro­pa ord­ne­te die bra­si­lia­ni­sche Re­gie­rung unter Var­gas am 7. Juni 1937 in einem ge­hei­men Rund­schrei­ben für alle Aus­lands­ver­tre­tun­gen des Lan­des an, Jü­din­nen und Juden jeg­li­che Ein­rei­se­mög­lich­kei­ten zu ver­wei­gern. Mit der Aus­ru­fung des ,Es­ta­do Novo‘ (des ,Neuen Staats‘) am 10. No­vem­ber 1937 folg­te Bra­si­li­en zudem den Ideen eines au­to­ri­tä­ren Staa­tes, der zu­neh­mend na­tio­na­lis­tisch agier­te. Im Sep­tem­ber 1938 kam es zur Über­prü­fung der Ein­wan­de­rungs­ge­set­ze von 1937 durch ein wei­te­res Rund­schrei­ben, das ent­lang na­tio­na­lis­ti­scher und frem­den­feind­li­cher Vor­stel­lun­gen die Ein­rei­se­mög­lich­kei­ten wei­ter be­schränk­te. Gleich­zei­tig er­mög­lich­te der Staat auch Aus­nah­men für die­je­ni­gen mit be­acht­li­chen Ka­pi­talsum­men oder er­ließ Son­der­re­ge­lun­gen für die Be­rei­che Kunst, Wis­sen­schaft und Wirt­schaft. Den politisch-​geschürten Ängs­ten vor Über­frem­dung und wirt­schaft­li­cher Kon­kur­renz stan­den somit auch Hoff­nun­gen auf eine Zu­wan­de­rung spe­zia­li­sier­ter Fach­kräf­te und In­ves­ti­tio­nen durch aus­län­di­sches Ka­pi­tal ent­ge­gen – zwei Punk­te, die die bra­si­lia­ni­sche Re­gie­rung mit jü­di­schen Ein­wan­der:innen in Ver­bin­dung brach­te. Die Macht anti- und phi­lo­se­mi­ti­scher Vor­ur­tei­le führ­te daher in den 1930er und 1940er Jah­ren zu teils wi­der­sprüch­li­chen po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen, die die Ent­ste­hung einer neuen jü­di­schen Dia­spo­ra in Bra­si­li­en stark be­ein­fluss­ten. Für die jü­di­sche Be­völ­ke­rung Bra­si­li­ens, zu der auch die neu ein­ge­wan­der­ten deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden ge­hör­ten, be­deu­te­te dies eine fort­dau­ern­de Aus­ein­an­der­set­zung mit An­ti­se­mi­tis­mus im gesellschaftlich-​politischen Dis­kurs.

Abb. 2 und 3: Of­fi­zi­el­les Por­trät von Prä­si­dent Getúlio Var­gas, 1930; Wi­ki­me­dia Com­mons, https://com­mons.wi­ki­me­dia.org/wiki/File:Getúlio_Var­gas_-_re­tra­to_ofi­cial_de_1930.JPG. Das Por­trät be­fand sich unter an­de­rem in einem Klas­sen­raum der CIP, in dem Rabbi Fritz Pin­kuss den Kin­dern He­brä­isch bei­brach­te; Jü­di­sches Mu­se­um von São Paulo.

Die Aus­nah­me­re­ge­lun­gen hal­fen vor allem den neu­ge­grün­de­ten Uni­ver­si­tä­ten, dar­un­ter der Uni­ver­sida­de do Dis­tri­to Fe­deral in Rio de Ja­nei­ro und der Uni­ver­sida­de de São Paulo. Sie er­mög­lich­ten es ihnen, jü­di­sche Wis­sen­schaft­ler:innen aus Eu­ro­pa an­zu­wer­ben. Ein­zel­ne von ihnen, die in NS-​Deutschland auf­grund des so­ge­nann­ten Ge­set­zes zur Wie­der­her­stel­lung des Be­rufs­be­am­ten­tums vom 7. April 1933 aus ihren Po­si­tio­nen ge­drängt wor­den waren, er­hiel­ten Ein­la­dun­gen an bra­si­lia­ni­sche Uni­ver­si­tä­ten. Zu ihnen, denen so die Flucht ge­lang, zähl­ten unter an­de­rem der Zoo­lo­ge Ernst Lud­wig Bress­lau (1877–1935), der die Uni­ver­si­tät Köln 1933 ver­ließ und das Zoo­lo­gi­sche In­sti­tut der Uni­ver­si­tät von São Paulo auf­bau­te. Der Bo­ta­ni­ker und Hoch­schul­pro­fes­sor Felix Kurt Ra­wit­scher (1890–1957) wurde 1933 aus der Uni­ver­si­tät Frei­burg ver­drängt und floh eben­falls nach São Paulo, nach­dem er einen Ruf an die dor­ti­ge Uni­ver­si­tät er­hal­ten hatte. Auch der Wie­ner Schrift­stel­ler Ste­fan Zweig (1881–1942), der Bra­si­li­en be­reits 1936 im Rah­men sei­ner Reise zum PEN-​Kongress in Bue­nos Aires ken­nen­ge­lernt hatte, er­hielt ein Son­der­vi­sum. Mit die­sem konn­te er 1941 nach Bra­si­li­en ein­wan­dern.

Vie­len deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden, die seit März 1938 ver­mehrt auch aus Ös­ter­reich aus­zu­rei­sen ver­such­ten, ge­lang dies nicht. Wäh­rend sich die Mehr­zahl des di­plo­ma­ti­schen Per­so­nals strikt an die Ein­wan­de­rungs­ge­set­ze hielt, stell­ten an­de­re trotz des Aus­ga­be­ver­bots zahl­rei­che Visa aus. Zu ihnen zähl­ten Luís Mar­tins de Souza Dan­tas (1876–1954), bra­si­lia­ni­scher Bot­schaf­ter in Vichy-​Frankreich, und Aracy Mo­ebi­us de Car­val­ho (1908–2011), da­mals An­ge­stell­te im bra­si­lia­ni­schen Ge­ne­ral­kon­su­lat in Ham­burg. Bis 1942 ver­gab sie zu­sam­men mit ihrem spä­te­ren Mann João Guimarães Rosa (1908–1967), zu die­ser Zeit Vize-​Konsul in Ham­burg, et­li­che Visa und ge­fälsch­te Pässe. Luís Mar­tins de Souza Dan­tas und Aracy Mo­ebi­us de Car­val­ho wur­den für ihre Taten nach dem Zwei­ten Welt­krieg als ,Ge­rech­te unter den Völ­kern‘ von der is­rae­li­schen Schoa-​Gedenkstätte Yad Vashem ge­ehrt.

Der ,An­schluss‘ Ös­ter­reichs an das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Deutsch­land, die Be­set­zung des so­ge­nann­ten Su­de­ten­lan­des und die No­vem­ber­po­gro­me 1938 ver­schärf­ten die Si­tua­ti­on in Eu­ro­pa mas­siv und lie­ßen die Mi­gra­ti­ons­zah­len deutsch­spra­chi­ger Jü­din­nen und Juden nach Bra­si­li­en an­stei­gen. 1939 reis­ten rund 4.600 Jü­din­nen und Juden legal in das Land ein, eine der höchs­ten Zah­len seit 1929, wobei diese bis zum Kriegs­ein­tritt Bra­si­li­ens auf Sei­ten der Al­li­ier­ten im Au­gust 1942 wie­der zu­rück­gin­gen. Den­noch führ­te diese ver­stärk­te Im­mi­gra­ti­on zu einem stei­gen­den An­ti­se­mi­tis­mus in der bra­si­lia­ni­schen Po­li­tik. Auf der Kon­fe­renz im fran­zö­si­schen Évian im Juli 1938, die der US-​amerikanische Prä­si­dent Fran­k­lin D. Roo­se­velt (1882–1945) im Zuge der Flücht­lings­kri­se in­iti­iert hatte, pries Hélio Lobo (1883–1960) als Re­prä­sen­tant Bra­si­li­ens die ge­ne­rel­le Gast­freund­schaft sei­nes Lan­des. Gleich­zei­tig be­ton­te er die Wich­tig­keit be­stehen­der Ein­wan­de­rungs­ge­set­ze wie auch die Ab­leh­nung grö­ße­rer Ein­wan­de­rungs­grup­pen, was die re­strik­ti­ve Hal­tung der bra­si­lia­ni­schen Re­gie­rung ver­deut­lich­te.

Deutsch / Jüdisch / Brasilianisch – Komplexe Zugehörigkeiten


Die Flucht aus NS-​Deutschland und die Ein­wan­de­rung in ein zu­meist frem­des Land, des­sen Spra­che die al­ler­meis­ten nicht be­herrsch­ten, stell­ten viele deutsch­spra­chi­ge Jü­din­nen und Juden vor enor­me Her­aus­for­de­run­gen. Sie gin­gen oft mit ab­ge­bro­che­nen be­ruf­li­chen Kar­rie­ren, einem so­zia­len wie ge­sell­schaft­li­chen Ab­stieg, aber auch einem ver­lo­ren ge­gan­ge­nen Selbst­ver­ständ­nis ein­her. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem ei­ge­nen Sta­tus, den Ge­füh­len von Fremd­heit und Ent­wur­ze­lung sowie den Fra­gen des Be­wah­rens des eins­ti­gen deutsch-​jüdischen Selbst­ver­ständ­nis­ses führ­ten bei den Be­trof­fe­nen zu un­ter­schied­li­chen Re­ak­tio­nen, die zu­meist hoch kom­plex und emo­tio­nal auf­ge­la­den oder re­li­gi­ös kon­no­tiert waren. Ste­fan Zweig setz­te sich zum Bei­spiel in sei­nem Werk Bra­sil: O Pais do fu­tu­ro (Bra­si­li­en: Ein Land der Zu­kunft, 1939/1941) mit sei­nem Auf­nah­me­land aus­ein­an­der, lobte aus­drück­lich des­sen Ent­wick­lungs­po­ten­tia­le und er­blick­te in ihm einen Ge­gen­ent­wurf zu NS-​Deutschland. Diese Hal­tung wurde von meh­re­ren bra­si­lia­ni­schen, oppositionell-​eingestellten In­tel­lek­tu­el­len kri­ti­siert und als Distanz-​ und Kri­tik­lo­sig­keit ge­gen­über der sich eta­blie­ren­den Vargas-​Diktatur wahr­ge­nom­men.

In sei­ner li­te­ra­ri­schen Ar­beit, wie dem au­to­bio­gra­fisch ge­präg­ten Werk Die Welt von Ges­tern oder Die Schach­no­vel­le (beide post­hum 1942 er­schie­nen), ver­ar­bei­te­te Zweig die her­aus­for­dern­den Aus­hand­lungs­pro­zes­se und Be­las­tun­gen als Exi­lant. Sein Selbst­mord in Petrópolis am 22./23. Fe­bru­ar 1942, den er ge­mein­sam mit sei­ner zwei­ten Frau Lotte Zweig ge­bo­re­ne Alt­mann (1908–1942) be­ging, er­schüt­ter­te ins­be­son­de­re die deutschsprachig-​jüdischen Exi­lant:innen-​Kreise. In der Declaração, sei­nem Ab­schieds­brief, be­dank­te sich Zweig zwar bei „die­sem wun­der­vol­len Lande Bra­si­li­en“, ver­wies aber auch dar­auf, dass „die Welt mei­ner Spra­che für mich un­ter­ge­gan­gen“ sei und „meine geis­ti­ge Hei­mat Eu­ro­pa sich selbst ver­nich­tet“ Siehe die di­gi­ta­li­sier­te Declaração von Ste­fan Zweig: https://ste­f­an­zweig.di­gi­tal/o:szd.thema.5/sdef:TEI/get?lo­ca­le=de. hätte. Zudem be­ton­te er sein Alter und die ei­ge­ne Kraft­lo­sig­keit, die ihn an einem Neu­an­fang hin­der­ten, womit er zwei Punk­te be­nann­te, die viele der deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden in Bra­si­li­en her­aus­for­der­ten. Bei Zweigs Be­gräb­nis, das fast als Staats­akt ze­le­briert wurde, wür­dig­te Rab­bi­ner Lemle den be­rühm­ten ös­ter­rei­chi­schen Schrift­stel­ler und seine Leis­tun­gen.

Gleich­zei­tig warb Lemle – wie Pin­kuss von der CIP (São Paulo) und die Rab­bi­ner der SIBRA (Porto Alegre) – für einen ge­mein­schaft­li­chen Neu­be­ginn. Er soll­te neben einer re­li­gi­ös be­grün­de­ten So­li­da­ri­tät die Über­win­dung des emo­tio­na­len Stres­ses und der psy­chi­schen Be­las­tun­gen auf­grund von Flucht, Ver­trei­bung und Über­le­ben um­fas­sen sowie eine In­te­gra­ti­on in die bra­si­lia­ni­sche Ge­sell­schaft be­glei­ten. Die deutsch-​jüdisch ge­präg­ten Ge­mein­den CIP, SIBRA und ARI wur­den dabei meist zu mehr als nur zu einer re­li­giö­sen Ge­mein­schaft. Sie boten ihren Mit­glie­dern so­zia­le Be­geg­nungs­räu­me, sport­li­che und ge­sell­schaft­li­che Aus­tausch­mög­lich­kei­ten sowie fi­nan­zi­el­le und ju­ris­ti­sche Un­ter­stüt­zun­gen. In Ab­gren­zung zu den be­reits exis­tie­ren­den, zu­meist se­phar­di­schen und osteuropäisch-​jüdischen Ge­mein­schaf­ten und deren Ver­bän­den, soll­ten diese Ge­mein­den zur Be­wah­rung ‚ei­ge­ner‘ Tra­di­tio­nen bei­tra­gen. Sie tra­ten an, den Zu­sam­men­halt und das Zu­ge­hö­rig­keits­ge­fühl ihrer Mit­glie­der zu för­dern. Zu die­sen Tra­di­tio­nen ge­hör­ten unter an­de­rem die des li­be­ra­len Ju­den­tums, die Idee der Ein­heits­ge­mein­de, nach der sich etwa die CIP eta­bliert hatte, oder auch das An­ge­bot eines brei­ten Sport-​ und Ju­gend­pro­gramms.

Abb. 4: Hoch­zeit am 16. Mai 1968 von Clau­dio und Vi­vi­an Sil­ber­berg in der CIP, São Paulo. Im Hin­ter­grund Rab­bi­ner Pin­kuss und Kan­tor Ober­mann; Fa­mi­li­en­ar­chiv Clau­dio und Vi­vi­an Sil­ber­berg, São Paulo/Bra­si­li­en.

Die Grün­dung so­ge­nann­ter Ju­gend­häu­ser, Ju­gend­grup­pen oder Erholungs-​ und Bil­dungs­hei­me ging eben­falls damit ein­her. Dar­über hin­aus waren die Ge­mein­den dar­auf be­dacht, Netz­wer­ke auf­zu­bau­en, um zur Stär­kung der ei­ge­nen Idea­le in Bra­si­li­en bei­zu­tra­gen, und Kon­tak­te zwi­schen den Ge­mein­den, aber auch zu Sied­lungs­ko­lo­nien, wie Rôlandia, zu stär­ken.

Das En­ga­ge­ment vie­ler deutsch­spra­chi­ger Jü­din­nen und Juden er­öff­ne­te dabei oft­mals Brü­cken zwi­schen der jü­di­schen Ge­mein­schaft und der bra­si­lia­ni­schen Ge­sell­schaft, da sie sich in bei­den Be­rei­chen auf viel­fäl­ti­ge Weise ein­brach­ten und beide nicht von­ein­an­der ge­trennt an­sa­hen. Zu die­sen ,Brü­cken­bau­ern‘ zähl­te der jü­di­sche Ver­eins­funk­tio­när Al­fred Hirsch­berg (1901–1971) aus Ber­lin, der als Ver­tre­ter des Cen­tral­ver­eins deut­scher Staats­bür­ger jü­di­schen Glau­bens (CV) und als Re­dak­teur der CV-​Zeitung seine reich­hal­ti­gen Er­fah­run­gen nach sei­ner Flucht über Groß­bri­tan­ni­en nach Bra­si­li­en 1940 in die Ar­beit für die Crônica Is­rae­li­ta (São Paulo) ein­flie­ßen ließ. Die 1938 be­grün­de­te und vier­zehn­tä­gig er­schei­nen­de Zei­tung war für Hirsch­berg und seine Kol­leg:innen, dar­un­ter der in Ber­lin ge­bo­re­ne Li­te­ra­tur­kri­ti­ker Ana­tol Ro­sen­feld (1912–1973), ein Me­di­um des deutsch-​brasilianischen Aus­tau­sches. Die Crônica Is­rae­li­ta, die zu­erst in deut­scher, dann in deut­scher und por­tu­gie­si­scher Spra­che, spä­ter vor­nehm­lich auf Por­tu­gie­sisch er­schien, wurde bis 1969 in Bra­si­li­en ge­druckt.

Abb. 5: Son­der­aus­ga­be der Crônica Is­rae­li­ta an­läss­lich des zehn­jäh­ri­gen Be­stehens der CIP im De­zem­ber 1946; Jü­di­sches Mu­se­um von São Paulo.

Auch der im da­ma­li­gen Bres­lau (Wrocław) ge­bo­re­ne Mo­de­ra­tor Fran­cis­co (Franz Her­mann) Gott­hilf (1923–2012) schuf mit sei­ner Radio-​ und spä­ter eben­falls aus­ge­strahl­ten Fern­seh­sen­dung Mo­sai­co Ver­bin­dun­gen zwi­schen jü­di­scher und nicht-​jüdischer Welt. Die In­te­gra­ti­on in die bra­si­lia­ni­sche Ge­sell­schaft und ein so­zia­les, künst­le­ri­sches wie auch ge­sell­schaft­li­ches En­ga­ge­ment blie­ben für viele ehe­ma­li­ge Exi­lant:innen zen­tral. Die Mehr­heit sah Bra­si­li­en als neues Zu­hau­se an und nur we­ni­ge hiel­ten eine Wei­ter­wan­de­rung, etwa in die USA oder nach Pa­läs­ti­na/spä­ter Is­ra­el für not­wen­dig. Gleich­wohl blieb die In­te­gra­ti­on in die bra­si­lia­ni­sche Ge­sell­schaft ein Auf­trag, der viele her­aus­for­der­te. Wie tief­grei­fend die Er­fah­run­gen der NS-​Verfolgung und der Ein­wan­de­rung nach Bra­si­li­en wie auch das Wis­sen um die Er­mor­dung vie­ler Fa­mi­li­en­mit­glie­der und Freund:innen das wei­te­re Leben präg­ten, spie­gelt das Bei­spiel des Ber­li­ner Ban­kiers und Po­li­ti­kers Hugo Simon (1880–1950) wider, der nach einem lan­gen Flucht­weg über meh­re­re eu­ro­päi­sche Län­der 1941 in Bra­si­li­en ankam. Simon, der in Deutsch­land einst als Bank­ex­per­te und Kunst­mä­zen ge­schätzt wor­den war, konn­te in Bra­si­li­en nur als Land­wirt und ,Ko­lo­nist‘ tätig wer­den. Nach Kriegs­en­de muss­te er er­neut das ei­ge­ne Selbst­ver­ständ­nis und die staats­bür­ger­li­che Zu­ge­hö­rig­keit hin­ter­fra­gen, wobei er letzt­lich 1950 als Staa­ten­lo­ser starb.

Deutsch-jüdische Spuren und die Frage des Vermächtnisses


Nach dem Ende des Zwei­ten Welt­kriegs blie­ben die Fra­gen nach Zu­ge­hö­rig­keit wie auch der in­di­vi­du­el­len Po­si­tio­nie­rung zum Her­kunfts­land neben den Her­aus­for­de­run­gen des all­täg­li­chen Le­bens in Bra­si­li­en wich­tig und präg­ten die (deutsch-​)jü­di­schen Ge­mein­den des Lan­des. 1947 er­laub­te die bra­si­lia­ni­sche Re­gie­rung die Ein­wan­de­rung von rund 7.000 Dis­pla­ced Per­sons, und in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten folg­ten wei­te­re jü­di­sche Ein­wan­de­rungs­be­we­gun­gen aus Nord­afri­ka, dem Nahen Osten, aber auch aus der Volks­re­pu­blik Un­garn. 1966 zähl­te die jü­di­sche Ge­mein­schaft Bra­si­li­ens un­ge­fähr 125.000 Men­schen bei einer Ge­samt­be­völ­ke­rung von 85 Mil­lio­nen. Die Mehr­heit lebte in den Zen­tren Rio de Ja­nei­ro (50.000), São Paulo (45.000) und Porto Alegre (12.000), wobei sich auch klei­ne­re Ge­mein­den in Re­ci­fe, Sal­va­dor de Bahia, Belo Ho­ri­zon­te und Cu­ri­ti­ba eta­bliert hat­ten. Ab 1948 über­nahm die Confederação Is­rae­li­ta do Bra­sil (CONIB) die Re­prä­sen­tanz und po­li­ti­sche Ver­tre­tung der jü­di­schen Ge­mein­den, in der sich auch viele Jü­din­nen und Juden aus dem deut­schen Sprach­raum en­ga­gier­ten. Dabei leg­ten die Ge­mein­den, die von den deutschsprachig-​jüdischen Fa­mi­li­en be­grün­det wor­den waren, viel Wert auf ihre Ei­gen­stän­dig­keit und ver­ban­den sich in den 1950er Jah­ren in einer ei­ge­nen süd­ame­ri­ka­ni­schen Dach­or­ga­ni­sa­ti­on, der CEN­TRA. In die­ser län­der­über­grei­fen­den Ver­ei­ni­gung, die das trans­na­tio­na­le Ge­fü­ge der deutsch-​jüdischen Dia­spo­ra wi­der­spie­gelt, gin­gen die Ver­tre­ter:innen ge­mein­sam Fra­gen der Zu­ge­hö­rig­keit und re­li­giö­sen Tra­di­ti­ons­be­wah­rung nach.

Die deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden sahen trotz der Be­to­nung ei­ge­ner Tra­di­tio­nen auch in der In­te­gra­ti­on in die bra­si­lia­ni­sche Ge­sell­schaft eine wich­ti­ge Mis­si­on. Mit dem Neu­bau der Etz Chaim Syn­ago­ge der CIP im Zen­trum von São Paulo im Jahr 1952 oder mit der Er­rich­tung der Syn­ago­ge der ARI in Bo­ta­fo­go/Rio de Ja­nei­ro 1961 ver­or­te­ten sich die Ge­mein­den sicht­bar in den je­wei­li­gen Stadt­ge­sell­schaf­ten. Auch mit an­de­ren Grün­dun­gen, wie des Sport-​ und Kul­tur­clubs He­brai­ca oder des Kran­ken­hau­ses Al­bert Ein­stein in São Paulo, schrie­ben sich die (deutsch-​)jü­disch ge­präg­ten Ge­mein­den in die je­wei­li­gen Stadt­ge­sell­schaf­ten ein. Sie ver­deut­lich­ten damit ihre Po­si­ti­on und ihren An­spruch auf Teil­ha­be in­ner­halb der bra­si­lia­ni­schen Ge­sell­schaft.

Abb. 6: Kin­der un­ter­schied­li­chen Al­ters mit der bra­si­lia­ni­schen Flag­ge in einem Kin­der­heim der CIP in Cam­pos Elíseos, São Paulo, 1941; Jü­di­sches Mu­se­um von São Paulo.

Die jü­di­schen Ge­mein­den, etwa unter den Rab­bi­nern Pin­kuss und Lemle, waren dabei nur ein Ort, in dem Zu­ge­hö­rig­keit ge­schaf­fen und ge­sell­schaft­li­ches En­ga­ge­ment ge­lebt wurde. Su­san­ne Ei­sen­berg Bach (1909–1997) bei­spiels­wei­se, die dank eines Sam­mel­vi­sums 1941 nach Rio de Ja­nei­ro flie­hen konn­te, wurde als Buch­händ­le­rin und Exil­for­sche­rin in Bra­si­li­en be­kannt. Ihre Flucht­er­leb­nis­se und In­te­gra­ti­ons­er­fah­run­gen ver­ar­bei­te­te sie in ihrer Au­to­bio­gra­phie Ka­rus­sell: Von Mün­chen nach Mün­chen (1983), die nach ihrer Rück­kehr in die BRD ent­stand. Der Jour­na­list und Schrift­stel­ler Ernst Feder (1881–1964) war 1941 nach Bra­si­li­en ge­flo­hen und ge­hör­te zum Kreis um Ste­fan Zweig, was er unter an­de­rem in sei­nem Buch Diálogos dos gran­des do mundo (Ge­sprä­che der Gro­ßen der Welt, 1950) li­te­ra­risch fest­hielt. Trotz sei­nes brei­ten Netz­wer­kes, etwa zur CIP, und sei­ner Be­rühmt­heit ging er 1957 in seine Hei­mat­stadt Ber­lin zu­rück, wo er aber in Ver­ges­sen­heit ge­riet.

Eva So­pher ge­bo­re­ne Plaut (1923–2018) wie­der­um blieb wie die Mehr­zahl der deutsch-​jüdischen Emi­grant:innen in Bra­si­li­en, wohin sie mit ihrer Fa­mi­lie 1936 aus Frank­furt am Main ge­flo­hen war. Als Di­rek­to­rin am Thea­ter São Pedro in Porto Alegre und Kul­tur­ma­na­ge­rin der dor­ti­gen Ga­le­rie und des Kunst­fes­ti­vals Pro-​Arte nutz­te sie Kunst und Kul­tur, um ver­schie­dent­li­che Brü­cken zu schla­gen. Ähn­li­ches ver­such­te auch der schon er­wähn­te Pu­bli­zist Ana­tol Ro­sen­feld, der 1936 aus Ber­lin mit einem Tou­ris­ten­vi­sum nach Bra­si­li­en ge­flo­hen war und zu­erst mit ver­schie­de­nen Klein­st­ar­bei­ten sei­nen Le­bens­un­ter­halt be­stritt. Nach dem Stu­di­um der por­tu­gie­si­schen Spra­che schrieb er für ver­schie­de­ne Zei­tun­gen, dar­un­ter für die Crônica Is­rae­li­ta, das Jor­nal de São Paulo oder für O Es­ta­do de São Paulo und avan­cier­te durch seine Bei­trä­ge zu einem Ver­mitt­ler der deut­schen Kunst und Li­te­ra­tur in Bra­si­li­en.

Diese we­ni­gen und nur kur­so­risch be­schrie­be­nen Le­bens­läu­fe wer­fen ei­ni­ge Schlag­lich­ter auf die Le­bens­ge­schich­ten der rund 25.000 deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden, die zwi­schen 1933 und 1945 nach Bra­si­li­en flie­hen konn­ten. Sie bil­de­ten zum einen ein be­son­de­res dia­spo­ri­sches Selbst­ver­ständ­nis und ein spe­zi­fi­sches Ge­fühl der Zu­ge­hö­rig­keit aus, wur­den aber zum an­de­ren auch Teil jü­di­scher Le­bens­wel­ten und der bra­si­lia­ni­schen Ge­sell­schaft. Neben der Zu­ge­hö­rig­keit zu Bra­si­li­en wurde auch der Bezug zum Zio­nis­mus und dem neu­ge­grün­de­ten Staat Is­ra­el für viele zen­tral. Be­reits zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts hat­ten sich zio­nis­ti­sche Ver­ei­ne in Bra­si­li­en ge­grün­det, dar­un­ter Ti­fe­ret Zion in Rio de Ja­nei­ro oder Ach­a­vat Zion in São Paulo, die spä­ter eine brei­te­re Wir­kungs­macht ent­fal­ten konn­ten. Nach 1948 soll­ten aber nur we­ni­ge Jü­din­nen und Juden nach Is­ra­el aus­wan­dern. Die meis­ten deutsch­spra­chi­gen Jü­din­nen und Juden fan­den statt­des­sen in Bra­si­li­en ein neues Zu­hau­se.

Abb. 7: Ahron Ar­nold Kohn und Emma Kohn (1882–1958) vor ihrem Haus in São Paulo, um 1945; Fa­mi­li­en­ar­chiv Clau­dio und Vi­vi­an Sil­ber­berg, São Paulo/Bra­si­li­en

Viele stell­ten sich als bra­si­lia­ni­sche Staats­bür­ger:innen den neu­er­li­chen Aus­hand­lungs­pro­zes­sen um die Frage einer Wie­der­erlan­gung der deut­schen Staats­bür­ger­schaft oder um die so­ge­nann­te Wie­der­gut­ma­chung ab den 1950er und 1960er Jah­ren. Diese Pro­zes­se er­hiel­ten vor allem vor dem Hin­ter­grund der sich eta­blie­ren­den Mi­li­tär­dik­ta­tur in Bra­si­li­en (1964–1985) be­son­de­res Ge­wicht, weck­te diese Ent­wick­lung doch auch Ängs­te vor einer neu­er­li­chen Ver­fol­gung und Aus­gren­zung.

Die Re­ak­tio­nen auf diese Her­aus­for­de­run­gen fie­len un­ter­schied­lich aus und ver­deut­li­chen noch ein­mal, wie in­di­vi­du­ell mit den Er­fah­run­gen von Flucht, Aus­gren­zung und Ver­fol­gung auch in den ver­schie­de­nen Ge­nera­tio­nen um­ge­gan­gen wurde. Neben den fa­mi­liä­ren Pro­zes­sen waren es vor allem in­sti­tu­tio­nel­le Im­pul­se, die zur Be­wah­rung des deutschsprachig-​jüdischen Erbes in Bra­si­li­en wie auch zur Aus­ein­an­der­set­zung mit dem NS-​Unrecht bei­tru­gen. Die deut­sche Spra­che und Kul­tur wie auch ein spe­zi­fi­sches deutsch-​jüdisches Selbst­ver­ständ­nis, wel­ches sich über Jahr­hun­der­te ent­wi­ckelt hatte, bil­de­ten dabei wich­ti­ge Grund­la­gen, auf die sich nicht nur Jü­din­nen und Juden aus Deutsch­land, son­dern auch sol­che aus Ös­ter­reich, der Tsche­cho­slo­wa­kei und an­de­ren Staa­ten Mit­tel­eu­ro­pas be­rie­fen und für eine Grup­pen­bil­dung her­an­zo­gen. Neben der Re­li­gi­on war es somit auch ein kul­tu­rel­les Ver­ständ­nis, wel­ches be­wahrt wer­den soll­te, unter an­de­rem durch die Grün­dung der Casa Ste­fan Zweig. 2006 wurde sie als Mu­se­um und For­schungs­stät­te in Zweigs Wohn­haus in Petrópolis ein­ge­rich­tet.

Nicht nur die jü­di­schen Ge­mein­den eta­blier­ten sich somit als Orte der Geschichts-​ und Kul­tur­aus­ein­an­der­set­zung, der Be­wah­rung und Ver­mitt­lung, son­dern auch die sich neu ent­wi­ckeln­den Kultur-​ und Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, wie etwa das Jü­di­sche Mu­se­um von São Paulo (Museu Ju­dai­co de São Paulo). 2021 wurde es in der Beth-​El Syn­ago­ge neu­eröff­net, die 1929 er­rich­tet wor­den war. Die Er­öff­nung des Mu­se­ums, wel­ches sich bis heute zum Teil in der Syn­ago­ge be­fin­det, wurde durch Mit­tel des Aus­wär­ti­gen Amts der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land mit­ge­för­dert.

Die Si­che­rung und Er­for­schung der Flucht-​ und Exil­ge­schich­te wie auch der Kultur-​ und Trans­fer­ge­schich­te deutsch­spra­chi­ger Jü­din­nen und Juden in Bra­si­li­en ist somit ein wich­ti­ges Thema, an­hand des­sen meh­re­ren Fra­gen nach­ge­gan­gen wer­den kann. Sie er­lau­ben heute Rück­schlüs­se auf die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Verfolgungs-​ und Ver­nich­tungs­po­li­tik und ver­deut­li­chen die trans­ge­nera­tio­nel­len Fol­gen von Flucht und Ver­trei­bung. Dar­über hin­aus ma­chen sie die bra­si­lia­ni­sche Migrations-​ und Kul­tur­ge­schich­te sowie die Dia­spo­ra­ge­schich­te mit den darin lie­gen­den ver­bin­den­den wie auch ver­ein­nah­men­den Ele­men­ten sicht­bar.

Auswahlbibliografie


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Björn Siegel, „We Were Refugees and Carried a Special Burden”: Emotions, Brazilian Politics and the German Jewish Émigré Circle in São Paulo, 1933–1957,” in: European Judaism 54:1 (2021), S. 27-44.
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Weiterführende Inhalte


Bra­zi­li­an Je­wish Oral His­to­ry Pro­ject Re­cords, 1979–1986, at the Jacob Rader Mar­cus Cen­ter of the Ame­ri­can Je­wish Ar­chi­ves: http://collec­tions.ame­ri­can­je­wish­ar­chi­ves.org/ms/ms0409/ms0409.html

In­sti­tut für die Ge­schich­te der deut­schen Juden (IGdJ) – Online-​Ausstellung (dt./engl./span./por­tug.) „Nichts. Nur fort!” Flucht und Neu­an­fang in Bue­nos Aires, Mon­te­vi­deo und São Paulo: https://schlues­sel­do­ku­men­te.net/aus­stel­lung/emigration-​suedamerika

Pod­cast – Jü­di­sche Ge­schich­te Kom­pakt (Ein Ge­mein­schafts­pro­jekt des IGdJ/Ham­burg und des Moses Men­dels­sohn Zen­trums/Pots­dam), Folge 41 „Fritz Pin­kuss“ und Folge 29 „Nichts. Nur fort!“:
#29: https://ju­e­di­sche­ge­schich­te­kom­pakt.po­di­gee.io/30-​staffel6_folge3_nichts-​nur-fort_eine-​online-ausstellung_ein-​gespraech-zwischen-anna-menny-und-bjoern-siegel
#41: https://ju­e­di­sche­ge­schich­te­kom­pakt.po­di­gee.io/43-​staffel8_folge4_fritz-​pinkuss_ein-​gespraech-zwischen-anna-menny-und-bjoern-siegel

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Dr. Björn Siegel (https://www.igdj-hh.de/igdj/team/dr-bjoern-siegel) ist Historiker und seit 2025 Stellvertretender Direktor des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg. Er lehrt als Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg und ist zusammen mit Prof. Dr. Miriam Rürup Begründer des Podcasts Jüdische Geschichte Kompakt. Seine Forschungsinteressen umfassen die jüdische Migrations-, Philanthropie- und Marinegeschichte sowie die Biographieforschung. Zusammen mit Anna Menny kuratierte er die (Online-)Ausstellung „Nichts. Nur Fort!“ Flucht und Neuanfang in Buenos Aires, Montevideo und São Paulo (2022/2024) (https://juedische-geschichte-online.net/ausstellung/emigration-suedamerika) Als Publikationen sind zuletzt von ihm erschienen u.a. „,We were refugees and carried a special burden‘: Emotions, Brazilian Politics and the German Jewish Émigré Circle in São Paulo, 1933–1957,” , in: European Judaism 54:1 (2021), S. 27-44 und (zusammen mit Karen Körber) (Hg.), Deutsch-jüdische Geschichte und Gegenwart. Herausforderungen und Perspektiven am Beginn des 21. Jahrhunderts, Göttingen 2025.

Zitationsempfehlung und Lizenzhinweis

Björn Siegel, Ein ‚Land der Zukunft‘? Flucht und Neuanfang deutschsprachiger Jüdinnen und Juden in Brasilien ab den 1930er Jahren, in: Geschichte[n] der deutsch-jüdischen Diaspora, 08.05.2025. <https://diaspora.juedische-geschichte-online.net/beitrag/gjd:article-24> [18.05.2025].

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